In seinem Gedicht Die vier wunderberlichen eygenschafft unnd würckung des weins beschreibt Hans Sachs 1528 die unterschiedlichen Reaktionen auf den Genuss von Alkohol, je nach dem Temperament der Personen. Der Sanguiniker ist freundlich und gütig; übermäßiger Genuss von Wein macht ihn sanft wie ein Lamm. Im Gegensatz dazu wird der Choleriker im betrunkenen Zustand bösartig und jähzornig; er fängt an zu poltern und zu schimpfen und verhält sich wie ein grimmiger Bär. Der Phlegmatiker interessiert sich nur für das Essen und Trinken, wobei er sich wie ein Schwein benimmt. Der Melancholiker wird durch Alkoholgenuss närrisch, kindisch und spöttisch; er phantasiert, springt herum und benimmt sich wie ein Affe.
Solis hat das Gedicht in vier Kupferstichen dargestellt. Sie repräsentieren die vier Temperamente jeweils durch ihr Verhalten, unterstrichen durch den Charakter der dargestellten Tiere. Das vorliegende Blatt bezieht sich auf das cholerische Temperament, wie aus der zur Schau gestellten Aggressivität und aus den beiden Tieren, Bär und Löwe, hervorgeht. Der Löwe steht wegen seines gewalttätigen Verhaltens als Symbol für den Choleriker. Die Landsknechte kämpfen Mann gegen Mann und benutzen Schwerter und Kannen. Auf dem Tisch in der Bildmitte liegen ein Messer, Brotlaibe und umgefallene Trinkgefäße.
Der Alkoholismus betraf im 16. Jahrhundert alle Stände, in besonderer Weise die Landsknechte. Zahlreiche Überlieferungen berichten von schlimmen öffentlichen Ausschreitungen in Folge des Alkoholmissbrauchs. Solis orientiert sich an der weit verbreiteten Temperamentenlehre, die für ihn Mittel zur Kritik an einer Gesellschaft ist, die in allen Bereichen des täglichen Lebens ein immer exzessiveres Verhalten zeigt.

Lit: nach Sabine Voß, in: Ausst.-Kat. Des Menschen Gemüt ist wandelbar. Druckgrafik der Dürer-Zeit, Kunsthalle zu Kiel 2004, S. 62.

Literatur:

• Kuder, Ulrich / Bärbel Manitz / Walter Sparn: Des Menschen Gemüt ist wandelbar. Druckgrafik der Dürer-Zeit, Kiel, 2004

Inventarnummer: A.B. 322

Signatur: bezeichnet (am l. Tischbein: V S)

Ikonographie:

Gesellschaftsbild